Häusliche Gewalt: Wie Außen­stehende helfen können

Häusliche Gewalt bleibt für Außenstehende oft unsichtbar. Doch wer genau hinsieht, kann Warnsignale erkennen. Wie du helfen kannst, wenn jemand in deinem Umfeld betroffen ist – einfühlsam und ohne sie zu gefährden.

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Häusliche Gewalt bleibt für Außenstehende oft unsichtbar. Doch wer genau hinsieht, kann Warnsignale erkennen. Wie du helfen kannst, wenn jemand in deinem Umfeld betroffen ist – einfühlsam und ohne sie zu gefährden.

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Anzeichen für häusliche Gewalt

Oft ist es gar nicht so einfach zu erkennen, ob jemand von häuslicher Gewalt betroffen ist. Viele Betroffene schweigen aus Angst, Scham oder Abhängigkeitsgefühlen über ihre Erlebnisse und ihr Leid. Auch Angehörigen und Freund*innen fällt es häufig schwer, sich auf den Gedanken einzulassen und den Verdacht dann laut auszusprechen. Die Sorge, jemanden unrechtmäßig zu beschuldigen oder die Situation zu verschlimmern, wiegt schwer. Es gibt jedoch Anzeichen, die auf häusliche Gewalt hindeuten können – und bei denen deine Alarmglocken klingeln sollten.

  • Unerklärliche Verletzungen: Blaue Flecken, Schnitte, Verbrennungen oder Prellungen häufen sich und können nicht erklärt werden. Ausflüchte wie „Ich bin gestolpert“ passen nicht zu den Verletzungen.
  • Häufige Arztbesuche: Auffällige Verletzungen an sichtbaren Stellen wie Armen, Gesicht oder Hals werden mit vermeintlichen Unfällen zu erklären versucht.
  • Bedeckende Kleidung: Auch im Sommer oder bei warmen Temperaturen wird langärmelige Kleidung getragen, die Arme, Beine und den Hals verdeckt.

  • Die betroffene Person schaut sich oft um, wirkt nervös und hat Angst, Fehler zu machen.
  • Ein niedriges Selbstwertgefühl und Schuldgefühle sind typisch für von Gewalt betroffene Personen. Sie sprechen abwertend über sich selbst und suchen häufig die Schuld für Probleme bei sich.
  • Die betroffene Person wirkt sehr gestresst oder sogar depressiv, hat Schlafprobleme, ist erschöpft und zieht sich zurück.
  • Plötzliche Stimmungsschwankungen häufen sich. Auf ängstliches Verhalten folgt fast schon übertriebene Fröhlichkeit, um eine unangenehme Situation zu überspielen.

  • Plötzlicher Rückzug aus Freundschaften und der Familie. Verabredungen werden abgesagt, Kontakt wird immer seltener.
  • Die Gewalt ausübende Person kontrolliert, mit wem die betroffene Person spricht oder telefoniert, und begleitet sie überallhin.
  • Betroffene rechtfertigen das gewalttätige Verhalten: „Er meint das nicht so.“ „Ich darf ihn nicht wütend machen.“
  • Angst vor Anrufen oder Nachrichten: Die betroffene Person reagiert nervös, wenn ihr Handy klingelt, und muss sofort antworten.
  • Plötzlicher Themenwechsel bei bestimmten Fragen: Es wird vermieden, über das Zuhause oder die gewalttätige Person zu sprechen.

Wer besonders häufig betroffen ist

Häusliche Gewalt in Form von körperlicher, psychischer oder sexualisierter Gewalt kann grundsätzlich jede*n treffen – unabhängig von Alter, Geschlecht, sozialem Status oder Herkunft. Dennoch gibt es Gruppen, die besonders gefährdet sind.

Nicht nur weltweit, sondern auch in Deutschland, sind Frauen am häufigsten von häuslicher Gewalt betroffen. In Partnerschaften sind sie überproportional gefährdet – besonders während und nach einer Trennung oder Scheidung. 2023 waren laut Bundeskriminalamt etwa 70 % der 256.276 Betroffenen Frauen. Im selben Jahr wurden 155 Frauen von ihrem Partner oder Ex-Partner getötet.

Kinder, die in gewaltgeprägten Haushalten aufwachsen, sind entweder selbst direktes Opfer oder leiden darunter, wenn andere Familienmitglieder von Gewalt betroffen sind.

Senior*innen können durch Angehörige oder Pflegepersonen Gewalt erfahren. Besonders gefährdet sind ältere Menschen mit körperlichen oder geistigen Einschränkungen. Durch die Abhängigkeit von Pflegepersonen sind auch Menschen mit Behinderung einem höheren Risiko ausgesetzt, von Gewalt betroffen zu sein.

Auch in gleichgeschlechtlichen Beziehungen kann es zu Gewalt kommen. Häufiger spielt sich die Gewalt aber in der Herkunftsfamilie ab. LGBTQ+-Personen können aufgrund von Homophobie oder Transphobie von ihren Familien misshandelt oder verstoßen werden.

Sprachbarrieren, Abhängigkeit von der Partnerin bzw. dem Partner, z. B. wegen des Aufenthaltsstatus, und fehlende Netzwerke können das Risiko von häuslicher Gewalt betroffen zu sein für Menschen mit Migrationshintergrund erhöhen.

Obwohl selten darüber gesprochen wird, können auch Männer häusliche Gewalt erfahren– durch Partner*innen oder andere Familienmitglieder. Scham und gesellschaftliche Normen führen oft dazu, dass Männer die Gewalt nicht melden.

Die Mehrheit der Gewalt ausübenden Personen ist männlich (75,6 %).

Was du bei einem Verdacht tun kannst

Sei nicht wütend oder enttäuscht, wenn sich dein Gegenüber nicht sofort öffnet und deine Hilfe annimmt. Bleib eine verlässliche Vertrauensperson – oft braucht es mehrere Anläufe, bis jemand bereit ist, sich zu trennen. Aber: Gewalt hört selten von allein auf – jedes Zeichen deiner Unterstützung kann helfen.

  • Sprich die betroffene Person vorsichtig an: „Ich mache mir Sorgen um dich. Geht es dir gut?“
  • Sei geduldig, wenn sie abblockt – oft dauert es, bis Betroffene über ihre Erlebnisse sprechen.

  • Zwing die betroffene Person nicht dazu, sich zu öffnen – sie könnte Angst haben, von der Gewalt ausübenden Person bestraft zu werden.
  • Signalisier: „Egal was ist – du kannst mit mir reden, wenn du bereit bist.“

  • Frag unverbindlich: „Darf ich etwas für dich tun? Ich kann mit dir zu einer Beratungsstelle gehen.“
  • Nenn die Nummer des Hilfetelefons für Frauen (08000 116 016) oder des Hilfetelefons für Männer (0800 1239900). Beide Nummern sind kostenlos und anonym.

  • Falls du vermutest, dass die betroffene Person in akuter Gefahr ist, ruf sofort die Polizei (110)!
  • Wenn Kinder betroffen sind, kann auch das Jugendamt helfen.

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