Das äußere Coming-out: Wie sage ich es den Anderen?

Deine geschlechtliche Identität, deine sexuelle Orientierung: Ob, wann und wie du mit anderen Menschen darüber sprichst, ist deine Sache. Falls du dir unsicher bist oder dir mulmig vor möglichen Reaktionen ist: Wir haben Tipps für dich.

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Deine geschlechtliche Identität, deine sexuelle Orientierung: Ob, wann und wie du mit anderen Menschen darüber sprichst, ist deine Sache. Falls du dir unsicher bist oder dir mulmig vor möglichen Reaktionen ist: Wir haben Tipps für dich.

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Du bist du: das äußere Coming-out

Unser Umfeld ist noch immer eher heterosexuell geprägt – und wird von vielen Menschen einfach so vorausgesetzt. Dabei gibt es zahlreiche andere geschlechtliche Identitäten und sexuelle Orientierungen, ob queer, lesbisch, schwul, LGBTQ, LGBTQIA+, nicht-binär oder asexuell. Und, hey, das darfst du auch ganz selbstverständlich und selbstbewusst sagen. Trotzdem kann es sein, dass du Angst davor hast, wie andere Menschen auf dein äußeres Coming-out reagieren könnten. Oder du nicht weißt, wie du es sagen sollst.

Das Allerwichtigste ist: Du bist gut so, wie du bist! Vollkommen egal, mit welcher geschlechtlichen Identität und sexuellen Orientierung du dich wohlfühlst. Falls andere Menschen unfair reagieren oder das nicht akzeptieren sollten, versuch das Problem da zu lassen, wo es hingehört. Nämlich bei ihnen. Auch wenn das sicherlich am Anfang nicht leicht fällt. Mach dir immer wieder bewusst: Sie haben das Problem – nicht du. Leider gibt es immer wieder Fälle von Hasskriminalität. Sollte dir das passieren, dass du z. B. in der Öffentlichkeit attackiert oder angepöbelt wirst: Such Hilfe bei entsprechenden Anlaufstellen und melde den Vorfall. Hasskriminalität ist kein Kavaliersdelikt!

Eine mögliche Anlaufstelle ist Antidiskriminierungsstelle des Bundes:

Das Gespräch im engsten Umfeld suchen

Dein engstes Umfeld – Eltern, Geschwister, Freund*innen – kennt dich gut. Wahrscheinlich haben dir nah stehenden Menschen auch schon das eine oder andere Signal wahrgenommen und sind gar nicht überrascht, wenn du ihnen sagst, wie du sexuell fühlst und wie du gern leben würdest. Im Gegenteil: Wahrscheinlich wissen sie deine Offenheit ihnen gegenüber zu schätzen, denn sie zeugt von Vertrauen und Wertschätzung.

Falls dir ein wenig mulmig zumute ist, weil du es vielleicht zum 1. Mal gegenüber jemandem kommunizierst: Denk immer daran, es gibt keinen Grund, dich zu verstecken. Versuch, ganz selbstverständlich über darüber zu sprechen, was du fühlst. Und sage das, was du sagen möchtest – nicht mehr und nicht weniger. Denn vollkommen egal, welche geschlechtliche Identität oder welche sexuelle Orientierung jemand hat, jede*r hat das Recht auf Intim- und Privatsphäre.

Vielleicht hast du aber auch gerade im engsten Umfeld etwas Sorge, weil dir die Reaktion dieser Personen besonders nah geht. Wenn sich z. B. deine Eltern auf dein Coming-out zunächst reservierter verhalten oder dir gegenüber kommunizieren, ob sie in der Erziehung etwas falsch gemacht haben. Das ist natürlich Blödsinn, aber eine solche Reaktion tut weh.

Vertrau und hoff erst einmal darauf: Du bist ihr Kind, deine Eltern lieben dich. Auch wenn es etwas dauert oder die Reaktion unpassend ist, versuch es nicht gleich zum Bruch kommen zu lassen. Gib ihnen zunächst etwas Zeit, sich in die für sie neue Situation hineinzufühlen. Versuch aber auch bei dir zu bleiben: Es ist dein gutes Recht, Intoleranz nicht zu tolerieren. Und sollten deine Eltern – was leider auch vorkommen kann – auf Dauer stur und unversöhnlich bleiben: Es ist dein Leben, nicht ihres. Such dir Unterstützung bei Menschen, die dich stärken und bei denen du dich sicher fühlst, um deine Sorgen, Enttäuschungen oder mögliche Konflikte besprechen und aufarbeiten zu können.

Warten auf den richtigen Moment

Du verschiebst ein schon lange geplantes Coming-out-Gespräch immer wieder, weil scheinbar der richtige Moment noch nicht gekommen ist? Vergiss es. Der 100 % richtige Augenblick wird nie kommen. Deshalb: Setze den Augenblick fest. Und dann rede nicht um den heißen Brei herum, sondern sage geradlinig, was du sagen möchtest: Mama, Papa, ich bin schwul. Ich bin lesbisch. Ich will mein Geschlecht angleichen. Was auch immer. Es ist nichts, wofür du dich schämen müsstest. Es sind deine Gefühle. Und es ist dein Leben. Und vor allem: Es ist vollkommen ok.

Bereite dich vor, damit es gut wird

Eigentlich sollte ein Coming-out kein großes Ding sein, ganz unspektakulär und easy laufen und auch hinterher keinen Unterschied im Umgang miteinander machen. Ist dein Umfeld liberal geprägt, dürftest du in den meisten Fällen auf Akzeptanz und Respekt stoßen. Und genauso sollte es auch sein!

Doch leider ist es noch immer nicht überall so. Je nach Umfeld kann ein Coming-out auch dramatischer über die Bühne gehen. In einem religiös-konservativ geprägten Umfeld z. B. kann ein Coming-out unschöne Folgen haben: Kinder werden teils von den Eltern verstoßen, Freunde und Verwandte wenden sich ab. Im schlimmsten Fall wird jemand vielleicht sogar an Leib und Leben bedroht.

Doch nicht nur in archaischen Glaubensgemeinschaften, auch im Sport kann ein Coming-out immer noch mit Risiken behaftet sein. Deshalb ist es empfehlenswert, sich vorher Gedanken zu machen. Könnte es für dich u. U. erst einmal sinnvoller sein, nur im allerengsten Umfeld, in dem du auf Unterstützung zählen kannst, offen zu sprechen? Und die anderen glauben zu lassen, du folgtest ihren vermeintlichen Regeln oder Normen? Auf der anderen Seite: Für Personen, die eine Namens- und Personenstandsänderung anstreben, ist das so nicht möglich. Und auch so wird dein Leben zur Gratwanderung, und zwar nur, um es anderen recht zu machen. Und genau das sollte ja nicht sein.

In schwierigen Fällen vorher Unterstützung suchen

In schwierigen Fällen wäre daher eine gute Lösung, sich Unterstützer*innen zu holen. Zwar sollte ein Coming-out heute selbstverständlich sein und keine unangenehmen Folgen haben. Falls du aber doch Probleme kommen siehst, hole Menschen ins Boot, denen du vertraust, z. B. Eltern, Geschwister, Freund*innen. Das ist deine Basis für den Fall der Fälle, dein Netzwerk für Rückenstärkung und zugleich dein Rückzugsort.

Danach such dir strategische Unterstützer*innen. Das kann z. B. eine bestimmte Lehrerkraft in der Schule sein, eine mitarbeitende Person im Job oder ein*e Vorgesetzte*r, der bzw. dem du vertraust. Besprich dich mit ihnen, sprich über deine Sorgen vor möglichen Konsequenzen und Problemen deines Coming-outs– und wie du mit damit umgehen kannst.

Erst dann, wenn du die Basis und die strategischen Helfer*innen hast, informierst du nach und nach und, wo immer es dir sinnvoll erscheint, dein erweitertes Umfeld. Frage dich dabei: Müssen es alle wissen? Wahrscheinlich nicht. Mach dir immer wieder bewusst: Eigentlich sollte es so selbstverständlich sein, dass du es gar nicht zum Thema machen müsstest. Dreh es gedanklich einfach mal um: Wenn jemand heterosexuell lebt, würde er bzw. sie daraus ja auch kein großes Ding machen.

Versuch also bei deinem Coming-out selbstbewusst und authentisch zu sein. Steh zu dir selbst – wichtig ist, dass du dich wohlfühlst. Je selbstverständlicher du damit umgehst und ggf. auch das Tempo der Information reduzierst, desto unaufgeregter wird dein Umfeld reagieren.

Auch Beratungsstellen und verschiedene Initiativen können übrigens eine gute Anlaufstelle bei Fragen sein, z. B.:

  • Projekt 100% MENSCH
    Non-Profit Organisation, die Aufklärungsarbeit leistet und dafür viele Begrifflichkeiten aufschlüsselt
    Zur Website 100mensch.de

  • LSBTTIQ-Beratung Baden-Württemberg
    Beratung für Mensche, die sich fragen, welche sexuelle Orientierung oder welches geschlechtliche Selbstverständnis sie haben sowie für ihre Angehörigen und Freund*innen.
    Zur Website www.beratung-lsbttiq.net

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