Sexuelle Übergriffe: So kannst du dich wehren

Sexuelle Übergriffe und sexuelle Belästigung kommen leider vor – ob am Ausbildungs- oder Arbeitsplatz, in Vereinen oder unter Freund*innen. Wir zeigen dir, welche Möglichkeiten es für Betroffene gibt, sich Hilfe zu holen.

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Sexuelle Übergriffe und sexuelle Belästigung kommen leider vor – ob am Ausbildungs- oder Arbeitsplatz, in Vereinen oder unter Freund*innen. Wir zeigen dir, welche Möglichkeiten es für Betroffene gibt, sich Hilfe zu holen.

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Sexuelle Übergriffe: Zahlen, Daten und Fakten

Wusstest du, dass laut Polizeilicher Kriminalstatistik im Jahr 2024 in Deutschland mehr als 127.000 Sexualdelikte erfasst wurden? Und dass die Dunkelziffer wahrscheinlich wesentlich höher ist? Denn sexuelle Übergriffe sind nicht immer offen und gewalttätig.

Außerdem fällt es vielen Betroffenen super schwer, Übergriffe als solche zu sehen und sich selbst Hilfe zu holen. Denn gezielte Blicke, verbale Belästigung oder sexualisierte Gesten wirken oft unscheinbar. Genau das macht sie so gefährlich – das Opfer weiß sich nicht zu helfen, zweifelt oder hat Angst oder Scham, etwas zu sagen:

  • Stelle ich mich an? 
  • Vielleicht ist sie bzw. er nur freundlich?
  • Warum sagen andere nichts?
  • Was passiert, wenn ich etwas sage?

Verbale Übergriffe werden übrigens auch als Catcalling bezeichnet und sind alles andere als harmlos.

Wichtig ist: Wenn du in eine Situation gebracht wirst, die dir unangenehm ist, setz dich zu Wehr! Und vertrau dich z. B. einer nahestehenden Person an, wie guten Freund*innen oder deinen Eltern. Auch Beratungsstellen sind eine super Anlaufstelle, bei denen du dir – auch anonym – Hilfe holen kannst.

Sexualdelikte: Was fällt darunter

Sexualdelikte umfassen eine Reihe von strafbaren Handlungen, die im Strafgesetzbuch (StGB) definiert sind. Die Bandbreite ist groß – hier eine Übersicht:

  • Sexuelle Nötigung, Vergewaltigung
  • Sexueller Missbrauch von Schutzbefohlenen
  • Sexueller Missbrauch
  • Exhibitionistische Handlungen
  • Erregung öffentlichen Ärgernisses
  • Verbreitung pornographischer Schriften
  • Zuhälterei
  • Sexuelle Belästigung
  • Straftaten aus Gruppen bzw. Beteiligung an einer Gruppe, die andere zu sexuellen Übergriffen drängt

Alle Geschlechter sind von Übergriffen betroffen

Sexuelle Übergriffe trifft alle Geschlechter. Laut einer Studie des Instituts für Angewandte Sexualwissenschaft und der Hochschule Merseburg aus dem Jahr 2020 haben

  • 89 % der Frauen
  • 88 % der Menschen mit diverser Geschlechtsidentität
  • 29 % der Männer

bereits sexuelle Belästigung erlebt.

Ergänzend dazu: Männern scheint es nach wie vor schwerer zu fallen, über sexuelle Gewalt zu sprechen. Meist gehen die Belästigungen weniger von einer Einzelperson, sondern von einer ganzen Gruppe von Kolleg*innen aus. Auch Frauen sind unter den Täter*innen zu finden.

Sexuelle Belästigung: Was kannst du tun

Du fühlst dich sexuell belästigt, aber bist dir unsicher, wie du dich verhalten sollst? Wir haben dir eine kleine Orientierungshilfe zusammengestellt, wie du aktiv handeln und reagieren kannst:

1. Reagieren: Nein sagen! Sag der Person, dass ihr Verhalten nicht in Ordnung ist. Eine klare Grenze zu setzen, kann oft schon helfen. Das ist manchmal gar nicht so leicht. Tipp: Du kannst das im Alltag auch in anderen – harmlosen –Situationen immer wieder üben.

2. Verbündete suchen: „Ich fühle mich gerade unwohl, hilf bitte mit!“ Hol dir Unterstützung von deiner Familie, Freund*innen, Kolleg*innen oder Vertrauenspersonen, um dich aus der Situation zu befreien. Gemeinsam seid ihr stärker und Hilfe tut gut.

3. Professionelle Hilfe in Anspruch nehmen: Beratungsstellen oder Therapeut*innen können dich unterstützen und dir helfen, mit dem Erlebten umzugehen und dich für die Zukunft zu stärken.

4. Rechtliche Schritte einleiten, wenn nötig: Sollte die Belästigung nicht aufhören, kannst du Anzeige erstatten und rechtliche Maßnahmen ergreifen.

Aber Achtung, das gilt natürlich nicht für akute Notfällen oder sehr schwer wiegenden Fällen wie einer Vergewaltigung. Hier musst du umgehend handeln.

Vergewaltigung: Erste Hilfe Notfall

Sexuelle Belästigungen sind schon schlimm genug. Noch dramatischer wird die Situation, wenn eine Vergewaltigung stattfindet. Eine Vergewaltigung ist ein sehr schweres Sexualdelikt, ein medizinischer Notfall und für die Opfer meist stark traumatisierend.

Ganz wichtig für dich zu wissen: Du bist niemals schuld! Und: Hol dir unbedingt Unterstützung von Menschen, denen du vertraust; auch medizinische und therapeutische Hilfe.

Als groben Notfallplan kannst du dich an folgenden Schritten orientieren:

  • Sichere Beweise und suche medizinische Hilfe auf: Verzichte, wenn möglich, darauf, dich zu waschen oder deine Kleidung zu wechseln. In einer Klinik können medizinische und forensische Untersuchungen durchgeführt werden.
  • Unterstützung holen: Wende dich an eine vertraute Person oder eine Beratungsstelle. Du musst das nicht alleine durchstehen!
  • Anzeige erstatten: Wende dich an die Polizei. Eine Vergewaltigung ist immer eine Straftat und sollte zur Anzeige gebracht werden. Scheu dich nicht, dir auch hier Unterstützung einer vertrauten Person zu holen, die dich begleiten kann.

Pille danach: Nach Vergewaltigung kostenfrei

Eine Vergewaltigung kann leider neben psychischen Folgen auch körperliche nach sich ziehen – wie sexuell übertragbare Krankheiten oder eine Schwangerschaft.

Die Pille danach verhindert in vielen Fällen eine ungewollte Schwangerschaft. Wichtig ist allerdings, jetzt schnell zu handeln. Denn die Wirkung der Pille danach nimmt mit der Zeit ab.

Für Opfer einer Vergewaltigung ist die Pille danach seit Anfang 2025 eine Kassenleistung, also kostenfrei. Sie wird über eine Notaufnahme oder eine Beratungsstelle ausgehändigt.

Sexuelle Belästigung: Diese Nummern kannst du anonym wählen

Hol dir Hilfe! Telefonisch findest du leicht und schnell Unterstützung und Beratung, z. B. unter diesen Nummern:

Mehr Adressen haben wir dir unter Anlaufstellen zusammengestellt. Hier findest du weitere Möglichkeiten und Tipps.

Lass dir keine Übergriffe gefallen: Das kannst du (präventiv) tun

Es gibt viele Möglichkeiten, dein Selbstbewusstsein zu stärken und dir selbst immer wieder klarzumachen, dass du nicht allein bist. Denn sexuelle Übergriffe sind immer ein No-Go!

Du findest sowohl online als auch offline Hilfsangebote, die du in Anspruch nehmen kannst.

Selbstverteidigungskurse und das Erlernen von Kampftechniken schützen zwar nicht vor Übergriffen aller Art – aber sie machen dich körperlich stark und selbstbewusster. Und darauf kommt es an. Du lernst verschiedene Strategien der Abwehr. Ein lautes und deutliches „Nein“ wird dir deutlich leichter über die Lippen kommen, wenn du dein Selbstbewusstsein stärkst.

Machtspiele im Team oder zwischen Vorgesetzten führen leider immer wieder zu sexuellen Übergriffen. Der 1. Weg ist, das Verhalten ruhig und entschieden zurückzuweisen. Setze eine deutliche Grenze und sag offen, wie du dich gefühlt hast. Wenn die Übergriffe trotzdem nicht aufhören, ist der 2. Weg, dich an einen Vorgesetzten, die Personalabteilung oder den Betriebsrat zu wenden.

Führt all das nicht zu einer Besserung, kannst du einen Jobwechsel in Erwägung ziehen, um dich zu schützen Allerdings sollte das die Notfall-Option bleiben. Du bist das Opfer und nicht verantwortlich für die Belästigung.

Leider kann es auch in Parks, öffentlichen Verkehrsmitteln, in Clubs oder auf offener Straße zu sexuellen Übergriffen kommen.

  • Wenn möglich, versuch der Situation zu entkommen. Geh schneller oder lauf im Zweifel in eine sichere Richtung bzw. dorthin, wo mehr Menschen sind und du Unterstützung findest.
  • Auch der Gebrauch einer Trillerpfeife oder lautes aggressives Schreien kann sinnvoll sein, um andere Menschen auf sich aufmerksam zu machen.
  • Mittlerweile gibt es Apps für das Smartphone, die speziell den Heimweg sicherer machen sollen. Über solch eine App kann man sich von Freund*innen, anderen User*innen oder sogar dem Team der App virtuell begleiten lassen und im Ernstfall einen Notruf aktivieren. Alternativ kannst du auch über Messengerdienste deinen Standort live teilen und telefonieren.

Sexualisiertes Mobbing ist eine Form von Mobbing, bei der eine Person wiederholt durch sexuelle Anspielungen, Kommentare, Gesten oder Handlungen belästigt wird. Dabei kann es sich um verbale, nonverbale oder physische Übergriffe handeln, die das Opfer gezielt erniedrigen oder einschüchtern sollen. Es unterscheidet sich von sexueller Belästigung insofern, dass es oft systematisch und über einen längeren Zeitraum hinweg geschieht. Beispiele für sexualisiertes Mobbing sind:

  • Sexuelle Kommentare oder Witze über das Aussehen, die Kleidung oder das Verhalten einer Person
  • Gerüchte oder falsche Behauptungen über das Sexualleben einer Person
  • Unerwünschte Berührungen oder Annäherungsversuche
  • Verbreitung intimer oder gefälschter Bilder
  • Erzwungene oder peinliche sexuelle Handlungen als „Mutprobe“ oder Schikane

Meist kennen sich Täter*innen und Opfer. Wenn du selbst Grenzverletzungen erlebt hast oder grade erlebst, kannst du versuchen, die Verantwortlichen zur Rede zu stellen. Traust du dich nicht selbst, können dir auch Freund*innen, deine Eltern oder andere Bekannte helfen. Sollte das nicht fruchten, such dir professionelle Unterstützung – beispielsweise über die Nummern, die wir weiter oben auflisten.

Jemand der stalkt, belästigt andere, indem er sie auf Schritt und Tritt verfolgt. Von pausenlosen Anrufen, Nachrichten aller Art oder persönlichen Besuchen ist alles möglich. Opfer sind keineswegs nur Prominente. Die typischen Täter*innen sind Ex-Partner*innen, allerdings können auch fremde Personen stalken. Laut Polizeilicher Kriminalstatistik wurden 2024 rund 24.700 Fälle von Stalking erfasst. Davon sind laut Studien rund 80 % der Täter*innen Männer und 80 % der Betroffenen Frauen.

Stalking ist strafbar und keine kleine Sache: 2007 wurde Stalking offiziell zur Straftat erklärt.

Mach deutlich, dass du für solch eine Art der Annäherung nicht zu haben bist. Geh auf keinen Kontaktversuch ein, denn das ermutigt die stalkende Person weiter. Wenn das Stalking sich verstärkt oder nicht aufhört, kannst du dich an die Polizei wenden oder dir professionelle Hilfe suchen – beispielsweise über die Nummern, die wir weiter oben auflisten.

In Gruppen kann leicht eine Dynamik entstehen, die dazu führt, dass einzelne Mitglieder sich unter Druck gesetzt fühlen. Sie werden aufgefordert oder sogar genötigt, mitzumachen. Oft wird unter Alkoholeinfluss oder Drogen versucht, sexuelle Handlungen durchzuführen, die sie sonst eigentlich ablehnen. Wichtig ist, „Stopp“ zu sagen, bevor du in eine Täterrolle gedrängt wirst.

Wenn dir das passiert, wende dich direkt unter 110 an die Polizei oder – wenn du dich mittelfristig schützen willst – an eine Beratungsstelle. Und versuch, deine Freund*innen zu schützen, wenn du merkst, wie eine Situation aus dem Ruder läuft. Oft haben Betroffene in dieser Situation nicht den Mut oder die Kraft, gegenzusteuern – und werden so ungewollt zu Täter*innen.

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