Medikamenten­sucht: Symptome, Risiken und Hilfe

Schlaf- und Beruhigungsmittel sowie starke Schmerzmittel bergen schon nach kurzer Zeit und bei geringer Dosierung ein hohes Abhängigkeitspotenzial. Ältere Frauen sind besonders häufig betroffen.

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Schlaf- und Beruhigungsmittel sowie starke Schmerzmittel bergen schon nach kurzer Zeit und bei geringer Dosierung ein hohes Abhängigkeitspotenzial. Ältere Frauen sind besonders häufig betroffen.

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Symptome: Un­be­merkt in die Ab­hängigkeit

Der Prozess vom normalen Gebrauch eines Medikaments bis hin zur Sucht ist oft schleichend. Häufig beginnt alles mit der missbräuchlichen Anwendung:

  • Das Medikament wird bei einer Erkrankung oder Symptomen eingenommen, für die es nicht gedacht ist.
  • Die von der Ärztin oder dem Arzt verordnete Dosis wird überschritten und / oder das Medikament wird länger eingenommen als verschrieben.
  • Das Medikament wird in einer anderen Anwendungsform genutzt als vorgegeben.

Hält der Missbrauch über einen längeren Zeitraum an, kann sich das sowohl auf den Körper als auch die Psyche auswirken. In diesem Fall ist von einem schädlichen Gebrauch die Rede. Gewöhnt sich der Körper an den Konsum, kann es schließlich zu einer Medikamentenabhängigkeit kommen. 

Eine Sucht erkennst du bei dir selbst oder einer Person in deinem Umfeld an verschiedenen Symptomen. Ärztinnen und Ärzte überprüfen bei einer Diagnose 6 Kriterien. 3 davon müssen innerhalb der letzten 12 Monate aufgetreten sein:

  • Es besteht ein starker Wunsch oder sogar Zwang, das Medikament einzunehmen.
  • Die Menge und der Zeitraum, in dem das Medikament eingenommen wird, sind außer Kontrolle geraten.
  • Wird die Einnahme verringert oder gestoppt, treten körperliche Entzugserscheinungen auf.
  • Der Körper hat sich an das Medikament gewöhnt. Um die gewünschte Wirkung zu erreichen, muss die Dosis immer weiter erhöht werden. 
  • Hobbys und andere Freizeitaktivitäten mit Freund*innen und Familie werden vernachlässigt. Es wird viel Zeit investiert, um das Medikament zu beschaffen oder sich von den Folgen der Einnahme zu erholen.
  • Der Konsum führt zu körperlichen und seelischen Problemen. Trotzdem wird die Einnahme nicht gestoppt.

Vorsicht bei diesen Medi­kamenten

Schnell mal eine Tablette gegen die Kopf- oder Regelschmerzen eingeworfen oder ein paar Sprühstöße Nasenspray in die verstopfte Schnupfnase gesprüht, und schon geht’s besser. Herrlich – und unbedenklich. Oder? Tatsächlich gehören rezeptfreie Schmerzmittel wie Ibuprofen und Diclofenac zu den am häufigsten missbräuchlich eingenommenen Medikamenten. Dicht gefolgt von Abführmitteln, abschwellenden Nasensprays, entwässernden Medikamenten (Diuretika) und alkoholhaltigen Arzneimitteln. Kommt es zu einer Abhängigkeit, ist diese häufig körperlicher und nur selten psychischer Natur.

Bei den rezeptpflichtigen Medikamenten sind es vor allem Schlaf- und Beruhigungsmittel (z. B. Benzodiazepine und die Z-Drugs Zolpidem, Zoplicon und Zaleplon) sowie opioidhaltige Schmerzmittel (z. B. Tramadol und Oxycodon), die besonders oft missbräuchlich verwendet werden und letztendlich zu einer Abhängigkeit führen können. Denn sie beeinflussen nicht nur den Körper, sondern auch die Psyche. Laut Bundesgesundheitsministerium haben etwa 4-5 % aller verschreibungspflichtigen Medikamente in Deutschland das Potenzial, abhängig zu machen.

Risikogruppen: Wer ist gefährdet?

Der Epidemiologische Suchtsurvey 2021 des Bundesgesundheitsministeriums zeigt, dass schätzungsweise 2,9 Mio. Menschen in Deutschland Medikamente in schädlichen Mengen einnehmen – 1,8 Mio. von ihnen sind abhängig. Wann ein schädlicher Konsum vorliegt, ist von Medikament zu Medikament und von Mensch zu Mensch unterschiedlich.

Zu den Risikogruppen gehören besonders ältere Frauen und Menschen mit psychischen Erkrankungen sowie anderen Suchterkrankungen. Ältere Menschen sind besonders häufig von Beruhigungsmitteln (Sedativa) abhängig, Frauen häufiger als Männer. Etwa 2/3 aller medikamentenabhängigen Frauen sind älter als 65 Jahre. 

Risikofaktoren für eine Medikamentenabhängigkeit sind häufig lang anhaltende, schwer zuzuordnende Symptome:

  • Psychische Symptome wie Überforderungs- und Überlastungsgefühle, Schlafstörungen, Ängste und Niedergeschlagenheit
  • Psychosomatische Symptome wie Schwindel, Herzrasen und Magen-Darm-Beschwerden
  • Chronische Schmerzen, z. B. Migräne

Wie kann ich Medi­kamenten­sucht vorbeugen?

Die Weichen werden bereits in der Kindheit gestellt: Je schneller Eltern im Alltag zu Schmerzmitteln greifen, desto eher neigen ihre Kinder zum Medikamentenmissbrauch. So nehmen etwa 20 % der Mädchen im Alter von 14-16 Jahren, die in einem solchen Haushalt aufgewachsen sind, fast täglich Schmerzmittel ein.

Auch das Gefühl von Überforderung im Berufs- und Familienleben kann zu einer Medikamentensucht beitragen. Mit Schlaf- und Beruhigungsmitteln wird versucht, dem Leistungs- und Konkurrenzdruck standzuhalten. Auch wenn der Alltag noch so stressig sein mag und die To-do-Liste überquillt: Gönn dir zwischendurch Pausen. Mit unserem neuen Work-Life-Balance-Quiz kannst du ganz easy dein Stresslevel testen und deine mentale Gesundheit verbessern.

Das Risiko für eine Medikamentensucht erhöht sich außerdem durch bestimmte Lebensereignisse. Dazu gehören die Wechseljahre, der Rentenbeginn oder traumatische Erlebnisse. Aber auch der Tod einer nahestehenden Person, die Langzeitbehandlung chronischer Erkrankungen oder die Behandlung mehrerer Krankheiten auf einmal.

Fühlst du dich gestresst oder überfordert, einsam oder traurig, hilft es oft schon, mit jemandem darüber zu reden. Vertrau dich einer Freundin bzw. einem Freund an, sprich mit deiner Familie oder vereinbare einen Termin bei deiner Hausärztin bzw. deinem Hausarzt für professionelle Hilfe. Bekommst du Medikamente verschrieben oder entscheidest dich für eine rezeptfreie Variante, gelten 2 Regeln: 

  • Dosierung: Halt dich an die Empfehlung im Beipackzettel oder an die Verordnung deiner Ärztin bzw. deines Arztes. Unser Tipp: Kauf immer die kleinste Packungsgröße.
  • Anwendung: Nimm Medikamente nur so kurz wie nötig zu dir. Eine langfristige Behandlung mit Medikamenten sollte immer sehr gut überlegt und mit deiner Ärztin bzw. deinem Arzt abgesprochen sein. Sie bzw. er kann dir ggf. Alternativen empfehlen.

Für Betroffene: Hilfe bei Medi­kamenten­abhängig­keit

Vermutest du bei dir, einem Familienmitglied, einer Freundin oder einem Freund eine Medikamentensucht, hilft ein Gespräch mit einer Vertrauensperson – ganz ohne Verurteilung und Vorwürfe. Denk dran: Eine Medikamentensucht kann jede*n treffen. Spricht man den Verdacht aus, fällt vielen ein Stein vom Herzen. Die nächsten Schritte fallen gemeinsam leichter: Mit einer Hausärztin bzw. einem Hausarzt kann besprochen werden, wie weiter vorgegangen wird und welche Maßnahmen sinnvoll und nötig sind.

Hat eine Ärztin oder ein Arzt eine Medikamentenabhängigkeit festgestellt, wird diese häufig mit Entzug und einer begleitenden Psychotherapie behandelt. Dabei wird das Medikament langsam abgesetzt. Je nach Medikament können der Entzug und die Therapie ambulant oder stationär erfolgen.

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