Wie entsteht Sucht

Drogen- oder Medikamentensucht oder bestimmte Verhaltensweisen wie Spiel-, Kauf-, Sport-, Sex- oder Onlinesucht: Jede Sucht ist anders. Und doch spielt bei jeder Sucht unser Gehirn eine wichtige Rolle.

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Drogen- oder Medikamentensucht oder bestimmte Verhaltensweisen wie Spiel-, Kauf-, Sport-, Sex- oder Onlinesucht: Jede Sucht ist anders. Und doch spielt bei jeder Sucht unser Gehirn eine wichtige Rolle.

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Das Belohnungssystem im Gehirn

Die Aussicht auf Belohnung spornt unser Handeln an. Emotionale Belohnung winkt schon bei der Erfüllung der Grundbedürfnisse: Nach dem Essen sind wir satt und zufrieden, nach dem Schlafen wach und fit und die Befriedigung sexueller Bedürfnisse setzt einen Glücksrausch frei. Doch auch darüber hinaus ist die Aussicht auf Glücksgefühle Motivation für viele alltägliche Anstrengungen. Denk nur an das gute Gefühl nach einem erfolgreichen Termin im Job oder wenn du dich im Sport ausgepowert hast.

Das Belohnungssystem im Gehirn macht's möglich. Eine sinnliche Wahrnehmung oder eine schöne Vorstellung reichen aus, um den Belohnungsmechanismus in Gang zu setzen. Daran beteiligt sind Glückshormone wie Serotonin und Oxytocin. Die zentrale Rolle spielt allerdings der Botenstoff Dopamin. Dopamin flutet verschiedene Hirnareale – darunter das für die Gefühle wichtige Lustzentrum (Nucleus accumbens). So steigert das Dopamin die Vorfreude auf Genuss und wohlige Gefühle. Gleichzeitig sorgt es dafür, dass wir unser Ziel im Blick behalten. Und es setzt Energien frei, die helfen, das Verlangen zu befriedigen.

Dabei entsteht mit der Zeit ein regelrechtes Glücksgedächtnis: Wir erinnern uns, welche Reize eine Belohnung durch Glücksgefühle versprechen und richten unser Verhalten danach aus. Doch dieses Verlangen nach Glücksgefühlen kann in eine Abhängigkeit umschlagen.

So entsteht eine Sucht

Gewöhnungseffekte können eine Abhängigkeit begünstigen. Das Glas Wein zu besonderen Anlässen wird zunächst zur täglichen Routine. Die anfänglich damit verbundenen Glücksgefühle schwächen sich mit der Zeit ab, bis sie schließlich ganz ausbleiben. Das Gehirn verlangt jetzt nach anderen Reizen oder einer Erhöhung der Dosis für die Ausschüttung der ersehnten Glückshormone. Wer nun schnell ein weiteres Glas Wein konsumiert und das zur Gewohnheit macht, gerät leicht in eine Abhängigkeit.

Hinzu kommt, dass Substanzen wie Opioide, Kokain oder Alkohol direkt im Gehirn wirken. Sie binden sich an bestimmte Rezeptoren und erhöhen die Dopaminausschüttung um ein Vielfaches: Alkohol um etwa 50 bis 100 %, Kokain sogar um bis zu 1.000 %. Damit tricksen solche Substanzen das Belohnungssystem aus und wirken wie eine Abkürzung zum Glück.

Verschiedene Drogen beeinflussen unterschiedliche Hirnareale und verändern nachhaltig die Balance von Botenstoffen im Gehirn. Auch das Belohnungssystem gerät in eine Schieflage. An die Stelle der erhofften Glücksgefühle treten irgendwann die negativen Folgen des Drogenkonsums. Anpassungsprozesse im Gehirn führen dazu, dass sich der Drogenkonsum automatisiert und außer Kontrolle gerät.

Verhaltensweisen mit Suchtcharakter

Doch nicht nur bestimmte Stoffe, auch Verhaltensweisen können abhängig machen. Medizinisch gesehen zählen Verhaltenssüchte nicht zu den Abhängigkeiten im eigentlichen Sinne. Bekannt ist aber, dass auch exzessiv ausgeübte Verhaltensweisen in Abhängigkeiten führen können. Zu den substanzungebundenen Abhängigkeiten zählen beispielsweise Kauf-, Sport-, Sex-, Arbeits- oder Onlinesucht.

Im Gehirn laufen dabei ähnliche Prozesse ab wie beim Drogenkonsum: Verhaltensweisen wie Kaufen, Sport oder Sex aktivieren das Belohnungssystem und lösen Glücksgefühle aus. Bei Glücksspielsüchtigen kann schon der Anblick einer Münze den typischen Mechanismus auslösen. Dopamin flutet das Gehirn, die Belohnung winkt. Man setzt alles daran, schnell den nächsten Automaten zu erreichen, um sich mit dem Supergewinn zu belohnen. Mit der Zeit muss auch bei den Verhaltensabhängigkeiten die Dosis immer weiter erhöht werden: Es wird mehr Zeit am PC verbracht, die Sporteinheit wird noch fordernder, gearbeitet wird bis lange nach Feierabend.

Verhaltensabhängigkeiten kommen ohne schädliche Stoffe aus. Sie führen zwar nicht in eine körperliche Abhängigkeit, können aber dennoch neben psychischen und sozialen Folgen auch körperliche Konsequenzen haben. Wer ständig am PC sitzt, bewegt sich viel zu wenig und ernährt sich meist schlecht. Und auch Entzugserscheinungen auf körperlicher Ebene sind möglich, wenn die glücklich machende Verhaltensweise gerade mal nicht ausgeübt werden kann.

Psychische und körperliche Abhängigkeit

Eine Sucht kann Betroffene gleich doppelt aus der Balance bringen, nämlich auf körperlicher und auf psychischer Ebene.

Eine körperliche Abhängigkeit entsteht, wenn sich das Gehirn an die dauernde Versorgung mit Suchtstoffen gewöhnt. Das körpereigene Gleichgewicht der Botenstoffe verändert sich. Wenn die Substanz gerade mal nicht verfügbar ist, gerät die neue Balance in eine Schieflage. Der Körper reagiert mit Symptomen wie Zittern, Schwitzen, Unruhe, Angst, steigendem Blutdruck oder Schmerzen.

Zu einer psychischen Abhängigkeit kommt es durch ein sich entwickelndes Suchtgedächtnis. Bestimmte Muster, also welche Auslöser mit den ersehnten Glücksgefühlen verknüpft sind, werden hier abgespeichert. Schon kleinste Reize wie das Klimpern von Weinflaschen wecken ein enormes Verlangen. Dieser erlernte Suchtdruck entsteht bei substanzgebundenen genauso wie bei Verhaltenssüchten. Und er macht es Betroffenen so schwer, wieder die Kontrolle über ihr Verhalten zu bekommen.

Aktiv gegen Sucht

Es ist ganz normal, dass im Leben nicht immer alles glatt läuft. Doch bei Problemen Ablenkung in Drogen zu suchen oder in süchtig machende Verhaltensweisen zu flüchten, ist keine gute Idee. Achte gut auf dich. So erkennst du leicht, ob du möglicherweise gefährdet bist. Mach dich stark gegen Krisen. Hier sind ein paar Tipps für dich:

  • Triff dich mit Familie und Freunden, sprich mit vertrauten Menschen über Probleme.
  • Achte auf die kleinen Glücksmomente im Alltag.
  • Bewegung an frischer Luft macht den Kopf frei und gute Laune.
  • Geh schwierige Situationen aktiv an, statt einfach abzuwarten, ob sich von allein etwas ändert.
  • Stärke deine Fähigkeiten und versuche, an deinen Schwächen zu arbeiten.

So bist du in schwierigen Lebensumständen nicht auf Drogen als vermeintliche schnelle Helfer angewiesen, sondern kannst auf deine eigenen Kräfte vertrauen. Und du schaffst es leicht, „Nein“ zu Drogen zu sagen.

FAQs zur Sucht

Ja, denn im Verlauf der Suchterkrankung bildet sich ein Suchtgedächtnis. Das einmal erlernte Verhalten kann auch nach vielen Jahren durch bestimmte Reize wieder aktiviert werden.

Nein, denn neben genetischen Veranlagungen und Persönlichkeitsmerkmalen sind auch das soziale Umfeld, Stressfaktoren und die Verfügbarkeit der Suchtmittel mitbestimmende Faktoren für die Entwicklung einer Sucht.

Die Grenze zur Sucht ist überschritten, wenn der Konsum von Substanzen wie Alkohol oder die Lieblingsbeschäftigung wie Online-Spielen außer Kontrolle geraten, zwanghaft werden und die erhofften Glücksgefühle ausbleiben. Betroffene schaffen es nicht, die Dosis zu reduzieren. Sie brauchen immer mehr davon und reagieren mit Entzugserscheinungen, wenn die Substanz nicht verfügbar ist.

Ungefähr 20 % der Konsumenten von Drogen entwickeln eine Abhängigkeit. Die genauen Ursachen dafür, warum eine Person abhängig wird, die andere aber nicht, sind noch nicht geklärt. Äußerliche, sogenannte epigenetische Faktoren haben sehr wahrscheinlich ebenfalls einen Einfluss auf die neuronalen Verbindungen im Gehirn. Möglicherweise sind diese Einflüsse von außen mitausschlaggebend für die Entstehung einer Abhängigkeit.

Durch die wiederholte Einnahme von Drogen, Alkohol oder Medikamenten gewöhnt sich der Körper an die Droge. Bei diesem als Toleranzentwicklung bezeichneten Geschehen werden die Rezeptoren im Gehirn unempfindlicher, die Wirkung der Droge schwächt sich mit der Zeit ab. Als Folge muss die Dosis immer weiter erhöht werden. Abhängige geraten in den Teufelskreis der Sucht.

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