Welche Voraussetzungen müssen für eine erfolgreiche Digitalisierung geschaffen werden? Lutz Kaiser, Vorstand der Pronova BKK, über Chancen und Möglichkeiten, aber auch Risiken und Nebenwirkungen der digitalen Veränderungen im Gesundheitsbereich.
Herr Kaiser, wie digitalisiert man das deutsche Gesundheitswesen?
Dreh- und Angelpunkt kann die elektronische Patientenakte werden, in der Informationen zur persönlichen Krankengeschichte gespeichert werden. Auf diese Weise wird die individuelle Versorgung verbessert. Ein Blick über die Grenzen zeigt, wie es funktionieren kann. In Estland beispielsweise werden in einer nationalen Datenbank Eintragungen durch Ärzte und Pflegekräfte gespeichert. Die Patienten sind im Besitz dieser E-Health-Daten, sie entscheiden selbst, welche Daten zur Verfügung gestellt werden und welche nicht. Das macht den Patienten bei der Gesundheitsversorgung zum mündigen Bürger.
Was kann die Digitalisierung leisten?
Es ist wichtig, dass alle Beteiligten sich vernetzen, um das bestmögliche Ergebnis für die Patientinnen und Patienten zu erzielen. Zugleich erlangt man auf diese Weise mehr Effizienz. Die Digitalisierung eröffnet neue und effiziente Möglichkeiten, wie Ärzte, Kliniken, Pflegekräfte oder auch Apotheken noch besser zum Wohle der Patienten zusammenarbeiten können. Bislang werden diese Chancen zu wenig genutzt. Die Digitalisierung des deutschen Gesundheitswesens ist längst überfällig.
Besteht auch Hoffnung auf eine Beschleunigung der Prozesse?
Natürlich lassen sich auf dem virtuellen Kanal viele Kommunikationswege abkürzen und beschleunigen. Zum 01.01.2019 werden große Teile der Abrechnungsprüfung ärztlicher Behandlungen beispielsweise auf elektronisch gestützte Verfahren umgestellt. Durch den digitalen Datenaustausch wird das Gesundheitssystem also deutlich effizienter. Grundsätzlich gilt: Daten sollten in dem Moment digital vorliegen, in dem sie entstehen.
Was ändert sich bei der Pronova BKK?
Wir nutzen die digitalen Möglichkeiten, um noch näher an unseren Kunden zu sein. Das ist aus unserer Sicht eine großartige Chance. Schon jetzt können unsere Versicherten vieles direkt online erledigen und sich den Weg in die Geschäftsstelle oder den Brief an uns sparen. Unser Kundenberatungs-Chat beantwortet viele Fragen sofort. Wir arbeiten stetig daran, unsere Online-Services zu verbessern. Derzeit entwickeln wir Chatbots, die unsere Online-Kundenberatung unterstützen und rund um die Uhr ansprechbar sind. Nur wer sich bewegt, kann sich verbessern.
Was könnte eine digitale Versorgung denn besser?
Sie kann Lücken schließen – zum Beispiel bei der Versorgung mit Medikamenten. Apotheken, die nah am Wohnort sind, spielen eine bedeutende Rolle, aber zur flächendeckenden Versorgung sollte auch der Versandhandel genutzt werden können. Zurzeit muss ja für den Versand von verschreibungspflichtigen Medikamenten zunächst das Rezept per Post eingereicht werden. Das dauert natürlich. Es ist nicht nachvollziehbar, warum das sein muss. Ein Scan würde es auch tun. Wir setzen uns dafür ein, dass auch das Apothekenwesen im digitalen Zeitalter ankommt.